11.10.2025 15:35

Strom vom Dach der Welt: Chinas neues Solarkraftwerk im tibetischen Hochland

China setzt erneut Maßstäbe in Sachen erneuerbare Energien: Mitten im tibetischen Hochland, dort wo die Luft dünn ist und die Sonnenstrahlen am intensivsten auf die Erde treffen, ging Ende 2024 die zweite Phase des Huadian Caipeng Photovoltaik-Kraftwerks ans Netz, auf 5.228 Metern Höhe ein echter Rekord.

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Warum gerade dort?

Das Hochland von Tibet bietet ideale Bedingungen: Hier trifft doppelt so viel Sonnenenergie ein wie auf den Ebenen Chinas auf gleichem Breitengrad. Die Innovationskraft zeigt sich nicht nur an der Lage, sondern auch in der Technik: Moderne Solarmodule können auf beiden Seiten Sonnenstrahlen nutzen, die sogenannte bifaziale Technologie sorgt für bis zu 7,5% mehr Effizienz gegenüber älteren Anlagen.

 Bauzeit: Schneller als erwartet

Die zweite Bauphase startete im August 2024. Durch cleveres Projektmanagement, Vormontage, innovative Montage-Teams und eine “Montagestraße” vor Ort wurden die letzten 100 MW und der Batteriespeicher in nur 115 Tagen fertiggestellt, ganze 42 Tage schneller als geplant. Die Rekordzeit kommt nicht von ungefähr: Ohne Vorfertigung und mobile Camps wäre der Bau in solcher Höhe ein Langzeit-Abenteuer. Und dennoch: Solch ein Projekt zeigt, was heute in Extremlagen mit innovativem Management möglich ist.

Bauaufwand: Technik am Limit

Vor Ort arbeitete die PowerChina Hydropower Bureau Ninth Engineering Division mit Hightech-Logistik, alle 170.000 Solarmodule wurden mit speziell entwickelten Fahrzeugen auf fast 5.230 Meter gebracht. Die Montage erfolgte auf fertigen Schienen, viele Komponenten stammten direkt aus mobilen Werkstätten im Camp. Die Module selbst sind sog. TOPCon-Bifazialmodule, optimiert für extreme UV-Strahlung und hohe Albedo (Reflektion durch Schnee).

Zahlen, bitte!

  • Jährliche Stromerzeugung: 155 Millionen kWh – das reicht für rund 50.000 Haushalte.
  • CO₂-Einsparung: 101.800 Tonnen pro Jahr im Vergleich zu herkömmlichen Kohlekraftwerken.
  • Fläche: 2.000 mu – entspricht etwa 133 Fußballfeldern.

Im Vergleich: Wasser- und Kohlekraft in Tibet/China

Während das Solarkraftwerk vor allem lokal die Stromversorgung stärkt, spielen die Großprojekte an Flüssen eine ganz andere Liga:

  • Mega-Wasserkraftwerk am Yarlung Tsangpo (Mêdog):
    • Geplante Leistung: 70 GW (70.000 MW) und rund 300 Mrd. kWh Strom pro Jahr – so viel wie ganz Großbritannien verbraucht.
    • Damit könnten zwei Drittel des gesamten deutschen Strombedarfs gedeckt werden.
  • Kohlekraftwerke:
    • China erzeugte 2025 rund 5,5 Milliarden Tonnen CO₂ allein aus Kohlekraftwerken.
    • Trotz des Booms der Erneuerbaren stieg die Kohlekapazität in China zuletzt weiter; 80 GW gingen allein 2025 ans Netz.

Fazit beim Vergleich:

  • Solaranlagen wie das Huadian-Kraftwerk schneiden im Klimatest deutlich besser ab, sind vor Ort flexibler und verbrauchen weniger Ressourcen. Sie ersetzen aber bislang höchstens einen kleinen Teil der gigantischen Kohle- und Wasser-Projekte.
  • Wasserkraftprojekte verändern ganze Landschaften und Ökosysteme, liefern aber gewaltige Mengen an stabiler Grundlastenergie. Kohle bleibt (noch) Chinas wichtigster Stromlieferant und sein größtes Klimaproblem.

Was macht das Solarprojekt besonders?

Die Technik: bifaziale Module, Batteriespeicher und ein Standort, der für Technik-Teams eine einzigartige Herausforderung bildet.

Die Wirkung: Deutliche Entlastung der Region Zentraltibet in der saisonalen Stromversorgung, Klimaschutz und ein weiterer Schritt für Chinas Energiewende.

Die Frage bleibt: 

Wie schnell können Solar- und Wasserkraft den Kohlestrom in China wirklich ersetzen?

 

Quellen: